Prof. Dr. paed.
Hans Wocken
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Bayern

 

       Vita

 

 

  • geb. 1943 in Rütenbrock, Kreis Meppen
  • Studium der Pädagogik in Vechta - Volksschullehrer
  • Studium der Sonderpädagogik in Dortmund - Sonderschullehrer
  • Wissenschaftlicher Assistent in Dortmund und Köln
  • Professor für Lernbehindertenpädagogik und Integrationspädagogik in Hamburg seit 1980
  • Emeritierung 2008
       

Es ist einfach nicht wahr, dass ich immer schon Lehrer werden wollte. Ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern, als kleiner Steppke jemals von meinen späteren Berufsrollen "Lehrer an einer Sonderschule für Lernbehinderte" oder "Hochschullehrer" geträumt zu haben. Mir geht scheinbar ab, was nach individualpsychologischer Lehre einfach jedermann hat: eine Lebensleitlinie.
      Als bin als neuntes Kind einer bäuerlichen Familie in einem emsländischen Dorf groß geworden. In der Volksschule habe ich gleich im ersten Schuljahr die erste Fremdsprache Deutsch gelernt. Meine Muttersprache, der "plattdütske Code", stand dem Erfolg in der Schule nicht im Wege. Meine Lehrerin, ein Fräulein mit grauen Haaren namens Steinke, hat es offenbar verstanden, uns Landkinder bilingual zu unterrichten.
      Die Kindertage in ländlicher Idylle nahmen ein Ende, als in der Folge der "deutschen Bildungskatastrophe" (Georg Picht) in der damaligen Bildungspolitik händeringend nach Begabungsreserven gefahndet wurde, und diese wurden unter den katholischen Kindern auf dem flachen Lande vermutet. Mit dem Besuch eines altsprachlichen Gymnasiums in der entfernten Stadt Meppen war auch der Aufenthalt in einem Internat verbunden. Im Internat wurde des Nachmittags viel Freizeitpädagogik und Jugendarbeit gemacht, an denen ich rezeptiv wie produktiv beteiligt war. Diese pädagogischen Urerfahrungen haben wohl dazu beigetragen, dass ich nach dem Abitur mit der enttäuschenden Durchschnittsnote "befriedigend" Lehrer werden wollte.
      An der Pädagogischen Hochschule Vechta studierten damals ganze 500 Leute - das sind nur wenig mehr Studenten als an der Hamburger Universität bei mir Lernbehindertenpädagogik studiert haben. Die im nachhinein bedeutsamste Erinnerung an das erste Lehrerstudium war ein sechswöchiges Praktikum an einer einklassigen Landschule. Schade, dass es damals noch keine Video gab. Ich wurde mir zu gerne noch einmal anschauen, wie man mit so unterschiedlichen Kindern gleichzeitig Unterricht machen kann.
      Vier Jahre lang war ich Lehrer an einer Hauptschule, das letzte war das schlimmste. 44 Kinder saßen vor mir, lauter Jungen. Die Sehnsucht nach einer kleinen Klasse führte mich zur Sonderschule für Lernbehinderte. Von nun an war ich Sonderpädagoge.
      In den siebziger Jahren standen die Hochschulen im Zeichen einer geistigen Erneuerung und eines quantitativen Ausbaus. Mir trug das expandierende Hochschulwesen eine Stelle als Sonderschullehrer im Hochschuldienst ein. Mit meiner Promotion 1977 ging eine sechsjährige Tätigkeit als pädagogischer Praktiker zu Ende. Zu den nachhaltigsten Erlebnissen in meiner Zeit als wissenschaftlicher Assistent gehört ein Besuch der Laborschule Bielefeld; sie war für mich ein Schlüsselerlebnis und hat an der Wiege meines pädagogischen Denkens und Handelns gestanden. Hier habe ich zum ersten Mal mit eigenen Augen gesehen, dass Schulen anders können. Seither bin ich viel auf Achse gewesen. Auf Bildungsreisen nach Schweden, Italien, Dänemark, in die Schweiz und aus Besuchen von Alternativschulen habe ich mehr gelernt als aus vielen schlauen Büchern. Und auf diesen Reisen habe ich in Italien und in Skandinavien zum ersten Mal mit eigenen Augen "Integration" gesehen.
      Die wissenschaftliche Laufbahn führte mich von Dortmund über die Universität Köln schließlich nach Hamburg. Seit 1980 war ich dann in Hamburg für Lehre und Forschung in der Fachrichtung Lernbehindertenpädagogik zuständig. 1996 erhielt ich erneut eine Berufung an die Universität Hamburg auf einen Lehrstuhl für Lernbehindertenpädagogik, dieses Mal jedoch mit einem bedeutsamen Zusatz: "unter Einbezug integrativer Erziehung"!
      In Hamburg habe ich die beiden Schulversuche "Integrationsklassen" und "Integrative Regelklassen" mitinitiiert und wissenschaftlich begleitet. Was ich heute über "Integration" und "Inklusion" weiß, habe ich vor allem durch persönliches Dabeisein, aktives Mitmachen und eigene Erfahrungen gelernt.
      Zeitgleich mit meiner Emeritierung erschien die "Behindertenrechtskonvention" der Vereinten Nationen. Es ist ein wunderbares Gefühl, am Ende eines langen beruflichen Weges  durch eine internationale Erklärung die Bestätigung zu erfahren, dass das Engagement für Integration und Inklusion richtig und sinnvoll war.
      Seit meiner Emeritierung bin ich deutschlandweit als "Botschafter der Inklusion" unterwegs und wurde in die deutsche UNESCO-Kommission "Inklusion" berufen.